Prof. Pietschmann, Prof. Marktl, Prof. Girschik, DDR. Schoberwalter
Führungskräfte sind täglich mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Man kann sich diesen Problemen (z.B. in Organisationen, Unternehmen, Politik) nähern, indem man sie aus zwei wesentlichen Blickwinkeln betrachtet.

„Führungskonzepte neu denken – Quantenmechanik vs. Management“

Über die Natur solcher Perspektiven haben wir am 21. März 2019 – im Rahmen unseres ersten EULEAD-Salons mit Prof. Herbert Pietschmann diskutiert.

Die erste mögliche Herangehensweise an Problemstellungen ist der Weg der Analyse. Das bedeutet, man zerlegt komplizierte Sachverhalte solange in deren Einzelteile, bis man auf einem Niveau angekommen ist, in dem die Sachlage so einfach geworden ist, dass man für das Problem (z. B. durch Zählen, Messen und Wiegen) eine Ursache finden und im Idealfall auch eine Lösung finden kann.

Dieser Zugang beschreibt den des mechanistischen Denkens. Er greift auf die Werkzeuge der Naturwissenschaften zurück. Wer diesen Weg wählt, findet sich dabei in bester Gesellschaft: Schon Galileo Galilei hat den Anspruch verfolgt, alles was messbar ist, auch zu messen. Der französische Naturwissenschaftler und Philosoph René Descartes, bis heute berühmt durch seinen Satz „Cogito Ergo Sum“ hat gefordert, Probleme in so viele Teile zu zerlegen, wie es nötig ist, um diese leichter zu lösen. Isaac Newton war auf der Suche nach den Ursachen für Sachverhalte und Aristoteles hat Fragen gestellt, die mit einem Entweder – Oder zu beantworten waren.  Dieses mechanistische Weltbild hat vor allem in der westlichen Welt über Jahrhunderte hinweg einen Siegeszug gefeiert.

Einer umfassende Forderung nach mechanischen Modellen als Voraussetzung, die Welt verstehen zu können (wie etwa Lord Kelvin dies forderte), wurde allerdings durch die Quantenphysik ein gewisser Einhalt geboten. Die Quantenphysik hat, so Pietschmann, gezeigt, dass es in ihr keine Reduktion auf ein Entweder – Oder gibt. Licht etwa sei eben beides: Welle und Teilchen, nicht nur eines davon. Auch ein mechanistisches Modell eines Atoms, wie vielen von uns es noch in Schulen gelehrt wurde, sei aus heutiger Sicht unhaltbar. Weiters gäbe es, so Pietschmann, den „objektiven Zufall“, also keine Kausalität für Einzelereignisse. Vor allem aber habe die Quantenphysik eines gezeigt: Dass das Ganze eben oft nicht mehr sei als die Summe seiner Teile, sondern – folgt man den Erkenntnissen der Quantenphysik – etwas schlicht anderes.

Mit diesen Überlegungen und Erkenntnissen – so Pietschmann – seien Ansätze des neuzeitlichen mechanistischen Weltbildes und seiner Beschreibung der Natur bereits überholt.

Kitaro Nishida, Begründer der Kyoto Schule in Philosophie, erfasst die Realität dementsprechend als eine Einheit, die den Widerspruch in sich fasst. Mit dieser Art von Widersprüchen (Aporien) müsse man, so Pietschmann, umgehen können. Sie seien notwendig für den gelungenen Umgang mit Problemen und Konflikten. Während also der Mechanismus Antworten im Sinne eines Entweder/ Oder bietet, verlangt ein konstruktivistisches Weltbild ein gesundes Maß an Ambiguitätstoleranz.

Gedanken zum dialektischen Prozess und dem Treffen von Entscheidungen rundeten diesen Vortrag mit einem Zitat von Wolfgang Pauli ab.

„Nach meiner Ansicht ist es nur ein schmaler Weg der Wahrheit, der zwischen der Szylla eines blauen Dunstes von Mystik und der Charybdis eines sterilen Rationalismus hindurchführt. Dieser Weg wird immer voller Fallen sein, und man kann nach beiden Seiten abstürzen.“

Prof. Pietschmann ist Physiker, Mathematiker und Philosoph. Er forscht in den Bereichen Quantenmechanik und Physik der subatomaren Teilchen. Prof. Pietschmann ist korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Wiener Internationalen Akademie für Ganzheitsmedizin, Mitglied der New York Academy of Science sowie Fellow der World Innovation Foundation. Weitere Arbeits- und Interessensschwerpunkte liegen in den Bereichen Managementtraining, Ganzheitsmedizin und klassische Musik.

Dieser Vortrag zählte zur Veranstaltungsreihe „EULEAD Salon“ des European Club of Excellence in Leadership and Management. Im Zentrum dieses Formats steht der Austausch mit etablierten Führungskräften und herausragenden Persönlichkeiten aus der österreichischen und internationalen Wirtschaft und Politik. Thematische Schwerpunkte sind die Entwicklung von Kompetenzen in den Bereichen Management und Leadership (bzw. Führung). Unseren Gästen bieten wir spannende Diskussionen und Austausch zu aktuellen Fragen aus den Bereichen Management und Wirtschaft.

RÜCKFRAGEN:
Für Rückfragen zu dieser Veranstaltungsreihe steht Ihnen Vorstandsmitglied Dr. Judith Girschik gerne zur Verfügung.